Deutsche Beratungsservices für Russische Unternehmen

27.10.2020

Ulf, soweit wir wissen, haben Sie vor Ihrer Entscheidung, Ihr Geschäft aufzubauen und das Beratungsunternehmen SCHNEIDER GROUP zu gründen, mehrere Jahre als Angestellter in Russland gearbeitet. Warum haben Sie sich schon vor mehr als 20 Jahren für Russland entschieden, um Ihre Karriere aufzubauen?

Einmal in meiner Kindheit waren mein Vater und ich in Polen, so geriet ich an die Grenze zur Sowjetunion. Mein Vater sagte mir, dass es wegen des Eisernen Vorhangs keinen Weg dorthin gibt. Wie bei jedem Jungen fiel es mir schwer, mich mit der Unmöglichkeit, dem Verbot auseinanderzusetzen. Es ist wie das Sprichwort „Verbotene Frucht ist süß“ – es wird immer das besonders interessant und erwünscht, was verboten ist. Seitdem hatte ich einen starken Wunsch, nach Russland zu ziehen. Während meiner Studienzeit wurde der Wunsch so groß, dass ich beschloss, Russisch zu lernen. Es ist mein Hobby geworden.

Bereits im Erwachsenenalter, als ich bei Procter & Gamble in Deutschland arbeitete, kommunizierte ich oft mit der Moskauer Abteilung. Und während ich Informationen sammelte, wurde Russland hinsichtlich Karriere und Zukunftsaussichten immer interessanter. Einmal verstand ich, dass ich bereit bin, in Russland zu arbeiten, um auf eigene Faust das zu erkunden, was ich zuvor gelesen und von Kollegen gehört hatte. Damals war geplant, 2 Jahre zu arbeiten und zurückzukehren. So lebe und arbeite ich seit 20 Jahren in Russland.

Wie sind Sie dazu gekommen, das eigene Geschäft aufzubauen? Warum gerade Beratung? Warum war Russland das erste Land, in dem Sie Ihr Unternehmen gegründet haben?

Ich habe auch lange von eigenem Geschäft geträumt. Nicht umsonst sagt man, dass Träume wahr werden müssen, wenn auch nicht ohne Anstrengung. Bevor ich meine eigene Firma gründete, war ich fünf Jahre als CFO bei der deutschen Firma „Allianz“ tätig. 2003 wurde ich darauf aufmerksam, dass immer mehr westliche Unternehmen ihre Büros in Russland eröffneten. Mir wurde klar, dass sie Hilfe brauchten, da die Steuer- und Rechnungslegungsvorschriften in Russland sehr komplex sind. Und da dies mein Fach ist, sah ich hier eine Gelegenheit, ihnen im Bereich Buchhaltung und Steuern zu helfen, damit sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Also gründete ich eine Beratungsfirma, die alle Backoffice-Aufgaben übernahm.

Bitte erzählen Sie, wie alles begann. Welche Schwierigkeiten hatten Sie und was hat Ihnen geholfen, diese zu überwinden?

Irgendwann noch vor der Gründung eigener Firma teilte ich mit meinen Moskauer Freunden die Idee, sich selbständig zu machen. Dazu sagten sie mir, dass man in die Geschäftsidee eine Million Dollar investieren müsste, damit sie funktioniert. Aber damals habe ich nicht an Investitionen gedacht, sondern an eigene Million Dollar, und habe nicht aufgegeben. Die erste Herausforderung, mit der ich in Russland konfrontierte, war die Bürokratie. Aber glücklicherweise hatte ich als Geschäftsmann Erfahrungen damit, da es die Bürokratie auch in Deutschland gibt. Da wir die Buchhaltung unserer Kunden führten, musste ich oft mit den Steuerbehörden kommunizieren. Und hier stand ich vor der zweiten Herausforderung: 2003-2004 waren die Steuerbehörden stark korrupt, und mein Prinzip war „keine Korruption“. Als die Steuerbeamten dies verstanden, begannen wir effektiv zusammen zu arbeiten, und die Beziehungen mit dem Finanzamt wurden hervorragend. Aber Sie verstehen wohl, der Aufbau solcher Beziehungen brauchte Zeit.

Sie positionieren SCHNEIDER GROUP als Partner für ausländische Unternehmen auf dem Markt Russlands und der GUS. Bedeutet dies, dass Sie ausschließlich mit ausländischen Unternehmen zusammenarbeiten? Haben Sie russische Kunden?

Bis vor kurzem konzentrierten wir uns ausschließlich auf westliche Unternehmen, hauptsächlich deutsche, österreichische und schweizerische. Man konnte unter unseren Kunden sehr selten ein russisches Unternehmen finden. Jetzt entwickeln wir aktiv Beziehungen zu russischen Unternehmen und sind bereit, ihnen Dienstleistungen wie Finanzmanagement, Umstellung von Abschlüssen auf IFRS und Unterstützung beim Eintritt in die Märkte der Länder anzubieten, in denen wir Büros haben, beispielsweise in Belarus, der Ukraine, Kasachstan, Usbekistan, Armenien, Polen, Österreich und natürlich Deutschland.

Mit welchen Branchen arbeiten Sie?

Wir haben eine sehr breite Palette von Kunden. Ich kann nicht sagen, dass wir uns auf bestimmte Branchen konzentrieren. Es gibt Kunden aus der Automobilbranche, der Modebranche, der Bauindustrie, vielen Handelsunternehmen sowie Kunden, die Lokalisierung in Russland planen.

Welche Beratungsbereiche sind heute bei SCHNEIDER GROUP besonders gefragt? Und warum, wie denken Sie?

Wir haben mit dem Geschäftsbereich Buchhaltungsoutsourcing begonnen, der sich aktiv und schnell entwickelt: Zuerst war es nur Buchhaltung, dann Buchhaltungsmanagement, jetzt sind es Finanzmanagement und -analyse. In diesem Jahr ist der Service des Interim Managements stark gefragt. Dies bedeutet, dass wir die Funktionen des CEO, des Finanz- und Verwaltungsdirektors übernehmen. Es ist sehr praktisch für Kunden, die vorübergehende Hilfe bei der Leitung des Unternehmens benötigen. Es kommt auch häufig vor, dass ein Unternehmen beispielsweise ein starkes Team von Vertriebsmitarbeitern hat und die Eigentümer alle anderen Funktionen auslagern. Dann kommt SCHNEIDER GROUP zur Rettung. Wir versuchen, unseren Kunden keine einmaligen Dienstleistungen anzubieten, sondern ein Dienstleistungspaket zusammenzustellen, um wichtige Probleme zu lösen. Wenn ein Kunde beispielsweise die Lokalisierung der Produktion in Russland startet, benötigt er nicht nur rechtliche und steuerliche Unterstützung, sondern auch Marktanalyse, Rekrutierung und andere.

Gerade nach der Selbstisolation denken viele Unternehmen darüber nach, die Effizienz durch digitale Geschäftstransformation zu steigern. Haben Sie Services und Lösungen, die Ihren aktuellen und potenziellen Kunden bei dieser Transformation helfen können?

Nachdem wir mit dem Buchhaltungsoutsourcing gestartet hatten, begannen wir sofort, unseren Kunden IT-Dienstleistungen anzubieten. Bereits 2004 fingen wir die ersten Projekte zur Automatisierung des Rechnungswesens an. Damals verwendeten wir die russische Buchhaltungssoftware „1C“: Wir entwickelten sie zu einem vollständigen ERP. Jetzt bieten wir auch die SAP-Implementierung an. Heute kann ich mit Sicherheit sagen, dass SCHNEIDER GROUP über umfangreiche Erfahrung in der Automatisierung und Implementierung innovativer Services zur Lösung von Buchhaltungs- und Finanzproblemen verfügt. Jetzt haben wir begonnen, unseren Kunden und dem Markt unsere eigene Entwicklung anzubieten, die Online-Plattform Client Login, um die ganze Personalverwaltung auf papierlosen Schriftverkehr umzustellen. Diese Plattform ermöglicht es, Mitarbeiteranträge, Spesenabrechnungen, Fahraufträge und andere HR-Dokumente online zu erstellen, zu bearbeiten, abzustimmen und dadurch Mitarbeiter von der Arbeit mit Papierdokumenten zu entlasten.

Abschließend möchten wir fragen: Ulf, was war der Schlüsselfaktor für den Erfolg Ihres Unternehmens? Und welchen Rat können Sie westlichen, darunter deutschen Unternehmen geben, die in den russischen Markt eintreten oder kürzlich eingetreten sind?

Diese Frage wird mir sehr oft gestellt, obwohl die Antwort nicht jedem gefällt. Sie lautet: Sie müssen sehr hart arbeiten, jedes Mal neue Höhen erreichen und niemals dort anhalten.
Ein wichtiger Punkt ist es, bei der Arbeit nicht nur auf das Gesamtbild zu achten, sondern auch auf die Details. Dann haben Sie die Chance, nichts Wichtiges zu verpassen.
Wenn ich potenzielle Kunden ins Gespräch über die mögliche Lokalisierung des Geschäfts in Russland bringe, sagen sie, dass dies schwierig ist und sie ihre Ressourcen lieber für den Geschäftsausbau  in der Europäischen Union ausgeben würden.

Da das Team von SCHNEIDER GROUP bereits mehreren Kunden bei der Lokalisierung geholfen hat, kann ich mit Zuversicht sagen, dass die Entwicklung eines Geschäfts in Russland nicht schwieriger ist als in jedem EU-Land.
Ich werde mal Beispiele geben. Wenn es sich um deutsche Unternehmen handelt, sind die Chancen für eine erfolgreiche Lokalisierung in Russland hoch, da Deutsche und Russen in ihren nationalen Eigentümlichkeiten sehr ähnlich sind. Dazu schätzen die Russen die Qualität deutscher Waren sehr und kaufen sie gerne.
Die Kunden sagen oft, dass es einfacher ist, Waren in Frankreich und Italien zu verkaufen, da diese Länder einer Zollunion und einem Markt gehören, während in Russland Zollabfertigung und –zertifizierung schwierig sind.
In den letzten fünf Jahren aber sind diese Verfahren auch in Russland viel einfacher und denen in der Europäischen Union ähnlicher geworden.
Haben Sie also keine Angst, in Russland das Geschäft aufzubauen, und ruhen Sie sich nie auf dem Erreichten aus.

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