Ansprache des russischen Präsidenten – wie geht es mit Unternehmen weiter?

26.03.2020

In seiner Ansprache an die russische Bevölkerung am 25. März 2020 äußerte sich der russische Präsident Wladimir Putin zur Krisensituation infolge der Coronavirus-Pandemie. Neben der Einführung einer arbeitsfreien Woche vom 30. März bis zum 3. April für die meisten Russen kündigte der Präsident eine Reihe von Maßnahmen an, die die Unternehmen steuerlich entlasten und ihnen helfen sollen, die aktuelle Krise zu überstehen.  Die Steuerexperten der SCHENIDER GROUP kommentieren im Folgenden die Maßnahmen des Präsidenten.

Gewährung eines Zahlungsaufschubs für alle Steuern mit Ausnahme der Mehrwertsteuer für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) für die nächsten 6 Monate und einen zusätzlichen Zahlungsaufschub der Sozialbeiträge für Kleinstunternehmen.

Zuvor hatte die Regierung eine solche Maßnahme für Unternehmen angekündigt, die im Bereich des Tourismus und des Luftverkehrs sowie im Bereich der Körperkultur und des Sports, der Kunst, Kultur und des Films tätig sind. Hierzu war geplant, diese bis zum 1. Mai 2020 einzuführen. Zu diesem Zweck wurde das Finanzministerium mit der Ausarbeitung eines entsprechenden föderalen Gesetzes beauftragt. Faktisch bedeutet diese Maßnahme, dass die Steuerbehörden keine Steuerforderungen stellen und keine Entscheidungen über die Einziehung von Steuern und Sozialabgaben sowie über die Schuldhöhe treffen werden.

Zu den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie zu den Kleinstunternehmen zählen Organisationen, bei denen mindestens 51% des Stammkapitals Einzelpersonen oder Organisationen gehören, die unter die KMU fallen. Der Anteil den Organisationen haben, die nicht unter die KMU fallen, darf 49% nicht überschreiten, während der Anteil den der Staat oder gemeinnützige Organisationen haben können, 25% nicht überschreiten darf. Darüber hinaus sind Einschränkungen hinsichtlich der Höhe der Einnahmen und der Anzahl der Mitarbeiter zu beachten:

  • Kleinstunternehmen sollten einen Umsatz in Höhe von 120 Millionen Rubel und eine Beschäftigtenzahl von 15 Personen nicht überschreiten;
  • Kleinunternehmen sollten einen Umsatz in Höhe von 800 Millionen Rubel und eine Beschäftigtenzahl von 100 Personen nicht überschreiten;
  • Mittlere Unternehmen sollten einen Umsatz in Höhe von 2 Milliarden Rubel und eine Beschäftigtenzahl von 250 Personen nicht überschreiten.

Verschiebung von Meldefristen

Da die Woche vom 30. März 2020 bis zum 3. April 2020 als arbeitsfrei angekündigt wurden, werden nach dem Steuergesetzbuch der Russischen Föderation alle auf diese Woche fallenden Steuerfristen auf den ersten darauf folgenden Arbeitstag übertragen bzw. verschoben..

Dies steht im Zusammenhang mit den Gewinnsteuererklärungen für 2019 und der Jahresabschlussberichterstattung.

Um jedoch negative Folgen zu vermeiden, empfehlen wir, die Erstattungs- und Berichtsformulare innerhalb der offiziell festgelegten Fristen elektronisch (im elektronischen Format) oder in Papierform einzureichen.

Ungeachtet der Tatsache, dass die Regierung der Russischen Föderation offiziell die Verschiebung der Fristen für die Einreichung von Berichten (auf der Grundlage der Art. 193 des Zivilgesetzbuches der Russischen Föderation und S.7 Art. 6.1. Steuergesetzbuch der Russischen Föderation) genehmigt hat, empfehlen wir, die geänderten Erklärungen nachträglich einzureichen, anstatt die entstandenen Sanktionen, die aufgrund von Systemfehlern verhängt werden könnten, anzufechten.

Für KMUs und Kleinstunternehmen werden zudem Darlehensstundungen für die nächsten 6 Monate möglich sein.

Diese Maßnahme ist notwendig, um kleine und mittlere Unternehmen zu stärken, da viele Branchen von der aktuellen Situation betroffen sind und viele Unternehmen gezwungen sind, ihre Tätigkeit einzustellen. Gewinne werden dann nicht mehr erzielt, ihren Verpflichtungen müssen Unternehmen dennoch nachkommen. Um ihre Budgets anpassen zu können, bedarf es zunächst der Klärung der Frage, ob alle kleinen und mittleren Unternehmen den Aufschub gewährt bekommen können. Hierbei steht noch im Raum, ob bestimmte Kriterien erfüllt werden müssen, ob ihre Tätigkeit ausgesetzt wird oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums bestimmte finanzielle Ergebnisse erzielt sein müssen.

Für einen sechsmonatigen Zeitraum wird ein Moratorium über die Anträge von Gläubigern auf Insolvenz von Unternehmen und die Eintreibung von Schulden und Bußgeldern verhängt

Zuvor war eine solche Maßnahme bereits von der russischen Regierung angekündigt worden, wobei eine Einführung zum 1. Mai vorgeschlagen wurde. Diese Maßnahme hat zur Folge, dass die Steuerbehörden, wenn ein Unternehmen aufgrund der Zahlungsunfähigkeit von Steuern und Versicherungsbeiträgen kurz vor der Insolvenz steht, keinen Insolvenzantrag stellen können. Dabei ist davon auszugehen, dass dies nicht für alle Unternehmen gilt, sondern lediglich für diejenigen, die sich in Schwierigkeiten befinden, die im Tourismus, Luftverkehr, Sport, der Kunst, Kultur und im Film tätig sind. Die Regierung wurde angewiesen, die Liste der Branchen zu erweitern, sofern erforderlich.

Die Sozialversicherungsbeiträge werden von 30 auf 15 Prozent gesenkt.

Die Umsetzung dieser Maßnahme wird Änderungen des Steuergesetzes der RF erfordern und höchstwahrscheinlich nicht für alle Organisationen gelten, ebenso wenig wie für diejenigen, die kleinen und mittleren Unternehmen zuzuordnen sind und in den oben genannten Branchen tätig sind. Darüber hinaus wird diese Maßnahme auf unbestimmte Zeit eingeführt, was nach Ansicht des Präsidenten die Arbeitgeber dazu veranlassen soll, das Lohnniveau der Arbeitnehmer zu erhöhen.

Der Steuersatz für Dividenden, die an ausländische Geschäftsinhaber gezahlt werden, wird 15% betragen.

Derzeit wird der Satz von 15% durch die nationale Gesetzgebung festgelegt und gilt, wenn kein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Land, in das das Einkommen gezahlt wird, besteht. Nach den Bestimmungen solcher Abkommen mit der Mehrheit der Länder wird je nach unterschiedlichen Bedingungen ein Satz von 5 oder 10 Prozent angewandt. Die vom Präsidenten angekündigte Änderung wird Anpassungen der bestehenden Vereinbarungen erfordern. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass sich Russland einseitig aus den Abkommen zurückziehen wird, wenn das Ausland Russland nicht entgegenkommt.

Wir möchten darauf hinweisen, dass Änderungsverfahren der auf zwischenstaatlicher Ebene geschlossenen Abkommen einen sehr langen Prozess darstellen, welcher normalerweise 1,5 bis 2 Jahre in Anspruch nehmen kann.

Diese Ankündigung kann sich allerdings negativ auf das Investitionsklima in Russland auswirken. Die Maßnahme wurde verkündet, um Offshore-Systeme zu bekämpfen, wenn Geld im Ausland abgehoben und auf die Konten von Einzelpersonen ohne Zahlung von Steuern oder mit Zahlung der Mindeststeuer von 2% überwiesen wird. Es bleibt zu hoffen, dass die Interessen der seriösen ausländischen Investoren, die nicht an solchen Systemen beteiligt sind, von dieser Maßnahme unbeeinträchtigt bleiben werden und dass nur ein Teil der von Russland geschlossenen Abkommen geändert wird.

Für Bürger, deren Gesamtbetrag von Bankeinlagen oder Investitionen in Wertpapiere über 1 Million Rubel liegt, werden die Zinserträge als steuerpflichtiges persönliches Einkommen angesehen, der Satz wird 13% betragen.

Gegenwärtig sind solche Einkünfte nicht steuerpflichtig. Die Einführung dieser Maßnahme ist darauf zurückzuführen, dass der Staat für die Umsetzung der verbleibenden Maßnahmen Mittel benötigt. Die Maßnahme wird Änderungen des Steuergesetzbuches der Russischen Föderation erfordern und kann unserer Meinung nach nicht vor 2021 eingeführt werden. Ein derartiges Gesetz, das die Situation der Steuerzahler verschlechtert, kann keine rückwirkende Wirksamkeit haben.

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Die SCHNEIDER GROUP beobachtet nicht nur aktiv die Entwicklungen, sondern beteiligt sich zudem am Diskurs zu Vorschlägen in diesen Wirtschaftsbereichen. Wir werden Sie weiterhin über Neuigkeiten auf dem Laufenden halten.

Unsere Steuerexperten unterstützen Sie jederzeit bei der Anwendung und Umsetzung von Maßnahmen zugunsten Ihres Unternehmens im Rahmen der Coronavirus-Krise und darüber hinaus.

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