Außenhandelsverträge mit russischen Partnern

17/12/2021
Ein wichtiger Erfolgsfaktor der Unternehmenstätigkeit ist eine korrekte Ausgestaltung seiner vertraglichen Verhältnisse. Mit Rücksicht auf eine besondere Wichtigkeit der sorgfältigen Vertragsgestaltung im Rahmen internationaler Lieferungen sowie auf Besonderheiten im Zusammenhang mit deren Erfüllung werden in diesem Artikel grundsätzliche rechtliche Empfehlungen in Bezug auf deren Inhalt abgegeben.

Information zum Vertragspartner

Zwecks Gewährleistung der Vertragswirksamkeit und zum Interessenschutz des Unternehmens ist die Einholung und Festhaltung im Vertrag von grundlegenden Informationen zum Vertragspartner von der größten Bedeutung. Die Informationen kann man sowohl vom Vertragspartner als auch im Wege der Einsichtnahme in öffentliche Informationsquellen, insbesondere in das Einheitliche staatliche Register der juristischen Personen einholen. Die Abweichungen zwischen den Daten zum Vertragspartner und den Daten des Warenempfängers bzw. der die Zahlung abwickelnden Person können für den Lieferanten erhebliche Risiken begründen, unter anderem Schwierigkeiten beim gerichtlichen Schutz seiner Rechte im Streitfall, Risiken im Zusammenhang mit illegalen Zollabfertigungsvorgehen und Haftbarmachung des Lieferanten als Mittäter bei Steuerhinterziehung in Russland und Geldwäscherei.

Wahl des anwendbaren Rechts

Ganz natürlich ist der Wunsch des ausländischen Vertragspartners, die Bestimmungen seines nationalen Rechtes auf den abzuschließenden Vertrag anzuwenden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Unterstellung des Vertrages dem ausländischen Recht nicht alle Probleme mit seiner nachfolgenden Erfüllung ausschließen kann. Darüber hinaus wirkt sich diese Wahl möglicherweise nicht immer positiv auf die Durchsetzbarkeit des Vertrages aus, da Bedingungen, die der öffentlichen Ordnung des russischen Rechts widersprechen, auf gerichtlichem Wege nicht geschützt bzw. zwangsvollstreckt werden können. Wie in vielen anderen Ländern auch gibt es in Russland eine ganze Reihe von Fragen, die ausschließlich durch nationales – hier also russisches – Recht geregelt werden können. Insbesondere betrifft dies den Schutz der Verbraucherrechte, die Besteuerung und Devisenkontrolle. Daher raten wir an, die dem ausländischen Recht unterstellten Verträge auf bestehende Widersprüche mit zwingenden Vorschriften des russischen Rechts zu überprüfen.

Gerichtswahl

Grundsätzlich können die Parteien nach einem Außenhandelsvertrag das zuständige Gericht für die Beilegung von Streitigkeiten aus dem Vertrag selbständig vereinbaren. Die Wahl der Gerichtsbarkeit ist lediglich in einigen Fällen beschränkt. So dürfen beispielsweise Streitigkeiten in Bezug auf Rechte an Immobilienobjekten, welche sich in Russland befinden, ausschließlich durch ein russisches Gericht erörtert werden. 

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass lediglich Gerichtsurteile der Länder in Russland vollstreckt werden können, mit denen Russland Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsurteilen geschlossen hat. Solche Abkommen bestehen derzeit insbesondere mit Italien, Spanien, den

Baltischen Staaten sowie einigen Ländern Zentral- und Osteuropas. Anderenfalls kann sich eine gerichtliche Urkunde als nutzlos erweisen.

Ein verbreitetes Mittel, dieses Risiko zu vermeiden, ist die Aufnahme einer Schiedsklausel, womit alle Streitigkeiten der Zuständigkeit eines russischen bzw. ausländischen internationalen Schiedsgerichtes zugeordnet werden. Neben der Vertraulichkeit ist ein unbestrittener Vorteil von internationalen Schiedsgerichten, dass deren Urteile in mehr als 140 Ländern einschließlich Russland vollstreckt werden können. Hierzu ist anzumerken, dass Urteile ausländischer internationaler Schiedsgerichte der Anerkennung durch ein russisches staatliches Gericht bedürfen, um in Russland vollstreckt werden zu können, während die Urteile russischer internationaler Schiedsgerichte unmittelbar nach ihrer Fällung vollstreckbar sind.

Haftung der Parteien

In der Regel werden die Grundlagen und Grenzen der Haftung für die nicht ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen von den Parteien selbst im Vertrag festgelegt. Allerdings sind hier einige Beschränkungen in Bezug auf die „Willensfreiheit“ zu berücksichtigen: so erlaubt das russische Recht keine Beschränkung der Haftung, wenn Vorsatz der vertragsbrüchigen Partei vorliegt. Die Haftung des Verkäufers (Produzenten) für einen Schaden, der durch ein mangelhaftes Produkt während der festgelegten Nutzungsdauer zugefügt wurde, tritt unabhängig von Schuld des Verkäufers bzw. Vorliegen vertraglicher Verhältnisse ein. Einzige Grundlage für eine Befreiung von der Haftung ist der Nachweis für die nicht ordnungsgemäße Nutzung des Produktes.

Höhere Gewalt

Insbesondere in Hinblick auf aktuelle wirtschaftliche Sanktionen sind Vertragsbestimmungen besonders aktuell, die die Fragen im Zusammenhang mit Umständen höherer Gewalt regeln. Grundsätzlich haftet die Partei nicht für die Nichterfüllung ihrer Verpflichtungen, wenn sie nachweist, dass deren Erfüllung infolge der Wirkung von Umständen höherer Gewalt unmöglich war. Zur Vermeidung von Streitigkeiten wird es angeraten, konkrete Situationen im Vertrag festzuhalten, die als höhere Gewalt eingestuft werden, sowie Folgen deren Eintritts und Möglichkeiten einer vereinfachten Vertragsauflösung darzustellen. Beispielsweise kann derzeitige Ausbreitung der Corona-Virus-Infektion von den Vertragsparteien beim Vertragsschluss nicht unberücksichtigt bleiben. Deswegen sind im Vertrag möglicherweise konkrete Umstände anzugeben, die durch COVID-19 hervorgerufen sind und von den Parteien mit Rücksicht auf die Spezifik der Vertragserfüllung als Umstände höherer Gewalt eingestuft werden (Massenquarantäne, vorläufige Einstellung des Betriebs von staatlichen Behörden etc.)

Vertragserfüllung und Sicherung

Neben dem unterzeichneten Vertrag sind Unterlagen wichtig, die die Verpflichtungserfüllung nachweisen, beispielsweise Warenabnahmeprotokolle und Warenlieferscheine. Bei Verhandlung der Streitigkeit vor einem russischen Gericht ist die Vorlage von Belegen für den Prozessausgang von ausschlaggebender Bedeutung. Daher muss die Erstellung solcher Unterlagen im Vertrag geregelt und unter Kontrolle gestellt werden.   

Ferner sollte die effiziente Sicherung der Verpflichtungen des Vertragspartners bedacht werden. Zu den häufigsten Arten der Sicherung von Verpflichtungen gehören nach russischem Recht die Verpfändung/Hypothek, die Bürgschaft sowie die unabhängige Garantie.

Sanktionen

Die durch die USA und die EU einzuführenden Sanktionen gehören nicht zum russischen Rechtssystem. Russische Gerichte erkennen deren zwingenden Charakter für russische Personen nicht an. Demzufolge wenn in Bezug auf zu liefernde Ware ein Verbot für deren Verkauf an bestimmte Personen verhängt wurde (Verbot auf Weiterverkauf an bestimmte Abnehmer), kann seine Einhaltung durch den russischen Käufer lediglich über vertragliche Konstellationen sichergestellt werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das russische Recht derzeit bestimmte Hindernisse für die Verhandlung durch ausländische Gerichte bzw. Schiedsgerichte von Streitigkeiten vorsieht, deren Grundlage Sanktionen in Bezug auf russische Staatsbürger und juristische Personen bilden. Dies setzt auch eine detaillierte Bewertung der Risiken in jedem konkreten Fall voraus.

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